Beitrag von Karl Hettrich
In seinem Buch über Orts- und Flurnamen in Württemberg beschreibt Walther Keinath Wüstungen zunächst folgendermaßen: "unbebautes, doch nicht wertloses Land mit Wildwuchs; unbearbeitetes, aber anbaufähiges Land, auch ein durch geschichtliche Ereignisse verwüstetes oder brachliegendes Gelände".
Es gibt eine ganze Reihe von Wüstungen auf der ehemaligen Großgemarkung Ennabeuren:
- Bissingen
Von dieser ehemaligen Siedlung, die bis heute nicht lokalisiert werden konnte, ist so gut wie nichts bekannt. Wir können davon ausgehen, daß sie in der Alamannenzeit (6./7. Jahrhundert) gegründet wurde. Eine Tuta von Rietheim - eine Verwandte derer von Steußlingen - schenkte 1120/30, dem Kloster Zwiefalten 10 Huben (Hofstellen) vom nahen Bissingen. Der Abgang dieser Siedlung dürfte wohl im 12. Jahrhundert erfolgt sein. - Breithülen
siehe gesonderter Beitrag in: Geschichte Ennabeurens - Höcklingen
Auch diese Siedlung ist in der Alemannenzeit entstanden. Die Größe des Weilers könnte etwa 15 Huben betragen haben. Der Mönch Otto von Steußlingen schenkte dem Kloster Zwiefalten die gesamten Dörfer auf "Höcklingen" und "Heroldstatt" mit 30 Huben. Der Abgang des Ortes fällt ins 12. Jahrhundert. - Heroldstatt" - "Heroldstetten
siehe Beitrag Hans Anhorn: Ur- und Frühgeschichte, alamannische Zeit und frühes Heroldstatt - Waldstetten
Von diesem Ort ist nur der Flurname erhalten geblieben. Die Gründung dürfte etwa im 8./9. Jahrhundert erfolgt sein, der Abgang 1595. - Achilinishusin" und "Obrehtisstetin
Eine Lokalisierung dieser beiden Siedlungen, die in einer Zwiefalter Chronik erwähnt werden, ist nicht möglich. Am ehesten könnte noch eine Verbindung zwischen "Achilinishusin" und dem Hof "Achenbuch" (er liegt im Truppenübungsplatz), hergestellt werden. - Steinstetten
"Steinstetten" soll in früherer Zeit ein eigener Weiler gewesen sein, der an anderer Stelle, etwa im Bereich der heutigen Kapelle und der Feldstetter Straße, gelegen haben soll.
Auch "Hermannsbühl" soll einstmals eine Siedlung gewesen sein. Darüber gibt es ebenfalls keine urkundlichen Beweise. Letztlich gehört auch das Flurstück "Herrenbreite" in diese Kategorie. Ob diese Theorie stimmt, ist sehr zweifelhaft, denn die Herrschaft Justingen war bis 1749 im Besitz dieses Grundstücks. Im Jahre 1749 verkaufte die Herrschaft Justingen der Gemeinde Ennabeuren auf "Baywenden" 60 Jauchert Äcker (ca. 30 ha). Es waren wohl die Grundstücke auf "Herrenbreite".
Der Abgang all der genannten Orte findet ungefähr zur gleichen Zeit statt. Es müssen wohl stichhaltige Gründe vorgelegen haben, daß die Bewohner der Außensiedlungen ihre Hofstellen aufgaben und sich im Zentralort ansiedelten. Der Hauptgrund für die Siedlungskonzentration dürfte in erster Linie die politische Unsicherheit ausgangs der Stauferzeit im 12. Jahrhundert gewesen sein. Die Bewohner zogen die Ansiedlung im Hauptort vor, der mit einem Ortsetter umgeben war und somit mehr Schutz und Sicherheit bieten konnte.
Literatur:
- Grees, Hermann
Die abgegangenen Siedlungen auf der Münsinger Alb, in: Stadt Münsingen (Hrsg.): Münsingen. Geschichte, Landschaft, Kultur, Sigmaringen 1982, S. 477. - Köpf, Jonas
Kälblinsbuch und Stetten, in: Abgegangene Siedlungen der Blaubeurer Alb, Sonderdruck aus: Binder (Hrsg.): Rechts und links der Wanderwege auf der Blaubeurer Alb, Seißen 1961, S. 42f. - Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Alb-Donau-Kreis (Hrsg.)
Der Alb-Donau-Kreis (Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg), 2 Bde., Sigmaringen 1989 - 1992, Bd. 2, S. 319.